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VISUS VISERE
kunstraum muenchen, 2011

Das Ausstellungsprojekt VISUS VISERE, das der in Luxemburg lebende Künstler Alexander Steig speziell für den kunstraum konzipiert hat, befasst sich mit dem Thema von Selbst- und Fremdbestimmung in einer zunehmend kontrollierten Gesellschaft. Das Medium Video mit dem sogenannten Closed-Circuit-Verfahren, mit dem sich der Künstler seit bereits 15 Jahren auseinandersetzt, findet hierbei einen signifikanten Einsatz im Installationszusammenhang. In seinen minimalistisch konzentrierten Videoinszenierungen reflektiert Steig nicht nur kritisch das Zustandekommen von Bildern, sondern thematisiert auch die Schaulust unserer Zeit.

Der Ausstellungsbesucher betritt zunächst einen beinahe leeren Raum, in dem sich lediglich ein Stuhl mit einem Tisch befindet. Auf dem Tisch steht ein Monitor, dessen Bildschirm ein identisches Szenario mit Tisch, Monitor und Stuhl zeigt. Die Situation erinnert an Videoüberwachung, eine Kamera scheint diesen Raum auf den Monitor, vor dem man sich befindet, zu übertragen. Doch erst auf dem Monitor, der innerhalb des realen Monitors gezeigt wird, entdeckt man sich selbst in Rückansicht.

Im nächsten Raum ist eine Art Vortragssaal/Kino aufgebaut, dessen Bestuhlung auf eine Projektionswand ausgerichtet ist. Darauf zu sehen ist das (vertraute) Szenario mit Tisch, Monitor und Stuhl. Es scheint sich hierbei um die Videoübertragung aus dem eben gesehenen Raum zu handeln. Der Betrachter ist mit einer Überwachungs- und Beobachtungssituation konfrontiert, die verschiedene Instanzen des Betrachtens anbietet, in der man selbst durch Positionswechsel unfreiwillig oder wahlweise die Position vom betrachtenden Subjekt zum betrachteten Objekt wechselt.

Das Medium der Closed-Circuit Videoinstallation ist in der Kunstgeschichte spätestens seit den frühen 1970er Jahren durch Künstler wie Nam June Paik oder Bruce Naumann präsent, die den Fragen nach der Beschaffenheit der Wirklichkeit und der eigenen Identität nachgehen. Etwa zur selben Zeit finden sich Closed-Circuit-Installationen aber zunehmend auch im Alltag in Form von Überwachungskameras: in Kaufhäusern, Banken, U-Bahnen etc. Die öffentliche und private Sphäre unterliegt dabei immer mehr der Kontrolle und suggeriert durch die Überwachung trügerische Sicherheit, infiltriert aber zugleich die Privatsphäre. Alexander Steigs Installationen wirken in einem hochtechnisierten Zeitalter wie ein lakonischer Kommentar auf die Absurdität der massenhaften Datenspeicherung. Die Skepsis richtet sich gegen eine Bilderflut, die sich unserer Verfügbarkeit zwangsläufig entzieht, weil wir die Vielfalt an Informationen nicht mehr aufnehmen können. Dabei zielt Alexander Steig auf die Problematik eines Kontrollsystems, das seine Spannung aus der Dialektik von Erwartung und Enttäuschung bezieht. (Presseankündigung kr)

Prof. Dr. S. Kacunko und Dr. N. Zuravski sprechen anlässlich des vom Künstler initiierten Symposiums "Alles unter Kontrolle" über "Ästhetik und Kontrolle" sowie "Alles gesehen? Alles verstanden? Potenzial, Bedeutung und Konsequenzen von Videoüberwachung als Kontrollinstrument".

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